Essen, Matten, Bildung:
Wie die Direkthilfe funktioniert
Gespräch mit der Gründerin und Vorsitzenden des Vereins Direkthilfe Nepal, Ursula Ochs
Nepal nimmt großen Raum ein in Ursula Ochs‘ Leben. Seit ihrer ersten Trekking-Tour durch das Land im Himalaja vor sieben Jahren ist sie fasziniert von der Landschaft und den Menschen. Als bedrückend empfand sie damals wie bei allen folgenden Reisen die große Armut, die Kinderarbeit, das mangelhafte soziale System. Sie beließ es nicht beim Mitleid. Vor drei Jahren gründete die Rechtspflegerin aus Sindlingen den gemeinnützigen Verein „Direkthilfe Nepal e.V.“, dessen Vorsitzende sie nun ist. Seither sammeln sie und ihre 22 Mitstreiter Spenden, um die Not ein wenig zu lindern. Viele Hürden mussten sie meistern, Schwierigkeiten bewältigen und auch Fehlschläge wegstecken. Zwischenzeitlich hat der Verein dennoch mehrere Hilfsprojekte etabliert. Heide Noll hat mit Ursula Ochs über ihr ehrenamtliches Engagement im fernen Asien gesprochen.
Sindlinger Monatsblatt (Simobla): „Frau Ochs, was genau tun Sie, beziehungsweise der Verein, in Nepal?“
Ursula Ochs: „Wir sind zurzeit in vier Projekten aktiv. Mein Mann Thomas und ich lassen zusammen mit unserem Vertrauensmann dem Altersheim Pasupathi Welfare Center in Katmandu Essensspenden zukommen. Bisher konnten wir in drei Spendenaktionen für ca. 2000 Euro Lebensmittel an das Heim liefern. Das ist eine direkte Hilfe, die uns viel Freude macht. Wir unterstützen mittellose Kranke in einem Krankenhaus in Amppipal, einem Dorf in einer touristisch nicht erschlossenen Gebirgsregion westlich von Katmandu. Außerdem finanzieren wir Kindern aus ärmsten Verhältnissen den Besuch im Montessori-Kindergarten „Leading Stars School Boudhanath“ in Katmandu sowie den Besuch der Janata-English-School in Amppipal. Dort haben wir unser eigenes Schulprojekt gestartet. Für die Nursery group (Kindergarten) haben wir zunächst 200 Euro für Lehrmaterial und Spielzeug und 50 Euro für Strohmatten bereitgestellt, denn es war ja nichts da, nur eine alte, schmutzige Plastikmatte. Wir unterstützen auch den engagierten Schulleiter, dessen Monatslohn in Höhe von 50 Euro weit unter dem gesetzlichen Mindestlohn liegt. Nächstes Ziel ist, den Kindergartenraum der Schule zu renovieren, das heißt die nackten Wände zu verputzen und zu streichen. Außerdem bemühen wir uns um Paten für die Kinder. Eine Patenschaft kostet monatlich 25 Euro für ein Kind. Man kann auch mit monatlich 10 Euro als Projektpate das Projekt unterstützen.“
Simobla: „Wie kamen Sie in die abgelegene Region?“
Ursula Ochs: „Wir unterstützten im dortigen Krankenhaus bereits mittellose Kranke.
Ein Mitglied des Lionsclubs in Katmandu, das zufälligerweise aus Amppipal kommt, hat mit uns gemeinsam das Projekt gestartet.“
Simobla: „Woher stammen die Spenden?“
Ursula Ochs: „Wir erhalten Hilfe von Freunden und Bekannten und konnten auch das Vertrauen vieler Menschen gewinnen, die uns nun durch Spenden und Patenschaften unterstützen. Die Sindlinger Kolpingfamilie und der evangelische Kindergarten haben auch schon durch Verkaufsaktionen Spenden für Direkthilfe Nepal e.V. gesammelt. Beim Frankfurt- Marathon waren wir schon zweimal mit einem Kuchenstand dabei, das läuft gut. Die Mitgliedsbeiträge gehen auch in voller Höhe in die Projekte. Zudem haben wir mehrere Paten, die ein Kind mit 25 Euro im Monat unterstützen. Ich halte Diavorträge über Nepal, schreibe potenzielle Spender an und spreche nun auch bei Schulen vor.“
Simobla: „Wie stellen Sie sicher, dass die Hilfe ankommt?“
Ursula Ochs: „Wir haben Vertrauensleute in Nepal, darunter einen zuverlässigen, einheimischen Sozialarbeiter als Projektleiter, die sich vor Ort um die Organisation und Verteilung kümmern. Außerdem haben wir deutsche Ansprechpartner. Beispielsweise arbeitete der deutsche Chirurg Dr. Wolfhard Starke bis vor kurzem im Krankenhaus in Amppipal, das von der Hilfsorganisation nepalmed e.V. gefördert wird. Unsere Spenden werden im Krankenhaus in einem Fonds verwaltet und ein Gremium entscheidet über die Bedürftigkeit der Patienten. Auch jetzt ist wieder ein deutsches Ärzte-Ehepaar dort im Einsatz, die auch ein Auge auf unsere Kinder werfen, etwa durch unangekündigte Schulbesuche kontrollieren, ob die Kinder in die Schule gehen. Und nicht zuletzt sind wir selbst jedes Jahr mehrere Wochen vor Ort. Bei den Essensspenden an das Altersheim sind wir selbst aktiv beteiligt. Wir haben auch mittlerweile viele Kontakte zu Vereinen, die in Nepal tätig sind, die ich als große Bereicherung empfinde.“
Simobla: „Sie hatten ursprünglich geplant, einen Kindergarten zu bauen und zu betreiben. Was ist daraus geworden?“
Ursula Ochs: „Das ließ sich leider nicht verwirklichen. Während wir minutiös geplant und überlegt haben, ist von nepalesischer Seite aus nichts geschehen. Bei den Dorfbewohnern herrschte eine große Erwartungshaltung, aber niemand war bereit, etwas ohne Bezahlung zu tun. Das ist sicher der großen Armut geschuldet. Aber wir als kleiner Verein können und wollen nicht einfach nur Geld hinschicken und hoffen, dass ‚was draus wird. Deshalb mussten wir uns von der Idee verabschieden. Von dieser Erfahrung haben wir profitiert und konnten mittlerweile ein gut funktionierendes Netzwerk in Nepal aufbauen.“
Simobla: „Welche Pläne haben Sie nun?“
Ursula Ochs: „Priorität hat die langfristige Finanzierung der Schulausbildung der vierzehn Kinder, die wir zurzeit unterstützen. Wir denken darüber nach, ein Schulessen für alle Kinder zu ermöglichen. In der Regel sind sie von 10 bis 16 Uhr an der Schule und essen nur den Reis, den sie mitgebracht haben. Frische Lebensmittel bekommen sie fast nie. Viele sind unterernährt. Da wollen wir helfen, aber bei 120 Kindern ist das ein riesiger Batzen. Ich würde mir außerdem mehr Paten wünschen, dann könnte man besser planen. Neben der Essenspende ist vorgesehen, für die 240 Bewohner des Altersheims warme Wollschals zu kaufen.“
Simobla: „Vielen Dank für das Gespräch“.
Weitere Informationen zu Direkthilfe Nepal stehen im Internet unter www.direkthilfe-nepal.de.
Das Spendenkonto bei der Frankfurter Sparkasse, Bankleitzahl 50050201, hat die Nummer 200432613.
Die Kindergartengruppe in der Janata-English-School.
13b: Ursula Ochs mit Sarita Acchami. Das Mädchen wird durch den Verein gefördert.
Von außen malerisch, von nahem ärmlich, von innen arm: ein Dorf in Nepal.
Fotos: Ochs